Dienstag, 27. November 2012

Firmung 2013 - Tun wir als Eltern etwas


27. November 2012


Liebe Mit-Eltern,

Ich wollte mich an Sie wenden, weil unsere Kinder mit Firmung „dran“ sind. Ich sehe die Zeit seit der Erstkommunion so:

  • Nach der 4. Klasse gingen viele Kontakte und Freundschaften der Kinder auseinander, weil die Kinder auf verschiedene Schulen gingen. Mit denen auf anderen Schulen kam man dann oft nicht mehr zusammen.
  • In der Kirche gab unsere Tochter nach kurzer Zeit die Mitarbeit bei den Ministranten auf.
  • Sonntagsmesse und andere (sehr wenige) Angebote für Jugendliche in der Kirche haben ihr wenig zugesagt.
  • Über den Religionsunterricht in Schule hat sie manchmal geklagt.
  • Für das religiöse Leben zu Hause hatten wir als Eltern wenig Zeit, waren unsicher und unbeholfen.

In ihrem Elternbrief vom 12. November 2012 schreiben die Pfarrer: „In der katholischen Kirche stärken wir dieses Erwachsenwerden Ihres Kindes durch das Sakrament der Firmung.“ Dann folgen ein paar Anweisungen, wie sich das Kind dafür „bewerben muss“, was es „dafür tun muss.“

Ganz so einfach ist es nicht. Einen Automatismus göttlicher Gnadenvermittlung gibt es nicht. Barmherzigkeit, Annahme und Zuwendung stehen für uns heutzutage eher im Vordergrund als „müssen“, Gebote und Strafen.

Ob so ein Ritual wie die Firmung sinnvoll ist oder nicht hängt davon ab, was es den Jugendlichen bedeutet. Bedeutet es nichts, dann gibt man Ritual und Glauben der Lächerlichkeit preis und dann ist es auch keine Hilfe, sondern es schadet mehr als dass es etwas nützt. 

Dazu passt folgende kleine Geschichte: Drei Pfarrer unterhalten sich. Sagt der eine: "Mensch, unter meinem Glockenturm tummeln sich die Fledermäuse, dass es nur so raschelt. Ich habe schon alles versucht, um sie los zu werden, aber nach einiger Zeit sind sie wieder da. Sagt der zweite Pfarrer: „Mir geht es genau so. Ich weiß auch keinen Rat mehr. Darauf der dritte: „Damit habe ich keine Probleme mehr. Ich habe die Lösung gefunden! Fragen seine Amtskollegen: „Wie hast du das denn angestellt? „Ganz einfach!“, antwortet dieser. „Ich habe sie einfach getauft und gefirmt. Danach habe ich sie nie wieder gesehen.


Ansatz 1 für eine Firmung, die etwas bedeutet: Gemeinschaft

Kommunion und Firmung haben mit Gemeinschaft zu tun. Von den Jugendlichen wird ein Bekenntnis zur Glaubensgemeinschaft erwartet, aber wo ist denn diese Glaubensgemeinschaft?

Unsere Sonntagsgottesdienste sprechen Jugendliche nicht mehr an. Wo gibt es kirchliche  Gemeinschaft, in der die Jugendlichen zu Hause sein können?

Doch Glauben ohne Gemeinschaft ist schwer. Und Firmung ohne Gemeinschaft ist leer.
   

Ansatz 2 für eine Firmung, die etwas bedeutet: Die Jugendlichen ins Zentrum stellen

Glauben in der Kirche präsentiert sich den Jugendlichen oft „von oben“, als schwer verständliche und  starre Rituale, Geheimnisse und Lehrmeinungen. Und die Kirche hat in 2000 Jahren viel angehäuft, das selbst Gutgläubige überstrapaziert. Man versucht den Kindern „von oben“ herab die Glaubenswahrheiten zu vermitteln und ihnen zu zeigen, wie schön diese doch sind. Doch das funktioniert nicht. Mit einer Basilika auf dem Rücken macht man es sich unnötig schwer.

Jugendliche haben eine andere Weltsicht, eine andere Sprache als ihre Eltern und Großeltern. Sie versuchen einen Bezug zu ihrer eigenen, veränderten Welt herzustellen. Dazu brauchen sie Freiraum. Sie wollen ihren Glauben selbst entwickeln. Sie wollen selber denken und verstehen. Sie wollen nicht mehr gesagt bekommen, was sie denken sollen.


Was tun wir?

Das einzige ist wahrscheinlich, dass wir als Eltern etwas vormachen, etwas vorleben. 

Etwas, das ein bisschen von dem aussagt, wie wir uns als Kirche verstehen möchten. Etwas wo wir Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit zeigen. Wo wir zeigen, was wirklich wichtig ist. Wo wir über unseren eigenen Schatten springen, über die täglichen Streitereien, Eifersüchteleien, Rechthabereien usw. Etwas wo wir nicht zuerst an uns selbst denken. Etwas wo wir nicht ausgrenzen sondern einbeziehen. Wo wir einen kleinen Teil Glauben leben.

Wenn wir als Eltern zusammenkommen könnten und so etwas versuchen, wäre das nicht ein tolles Geschenk für die Jugendlichen?


Vorschläge

  1. Können wir uns auf etwas einigen, was wir im obigen Sinne zusammen machen können?

  1. Bei der Firmung bekräftigen auch wir als Eltern unsere Entscheidung zur Nachfolge Jesus und zu einer Gemeinschaft der Gläubigen.

  1. Wir sprechen mit anderen Pfarrgemeindemitgliedern, ob sie bereit wären, auch ein Zeichen des Willkommens und der Akzeptanz für die Jugendlichen zu setzen.

  1. Wir sprechen mit den Amtsträgern, die dem Firmgottesdienst vorstehen, ob wir gewisse unverständliche und altertümliche Formulierungen in der Zeremonie (wie z.B. „Sünde Adams“ oder „Gottesfurcht“) nicht durch eine für die Jugendlichen verständliche Sprache ersetzen können.

  1. Als Teil der Firmung beten wir für eine Erneuerung und Reform unserer Kirche.

  1. Wir unterstützen die Jugendlichen, die sich noch nicht bereit für die Firmung fühlen und üben keinen Druck aus. Wir respektieren ihre Entscheidung, die Firmung zu machen, sie nicht zu machen, sie lieber später zu machen oder auch sie woanders zu machen.
Herzliche Grüße!

An die Verantwortlichen für Kinder- und Jugendarbeit

3. Februar 2012

Ich möchte mich heute abend kurz an Sie wenden und Ihnen einige Punkte aus meiner Sicht mitgeben, aus der Sicht eines Vaters, der in den letzten Jahren versucht hat, sich in der Kirchengemeinde für die Kinder- und Jugendarbeit einzubringen.

Als wir hierher gezogen sind,  da dachte ich „katholische Gegend“, „auf dem Land“ – was kann es Besseres für Kinder geben?

Aber ganz so ist es nicht. Die Kinder bilden ihre Cliquen. Auf einmal reden die von der einen Schule nicht mehr mit denen von der anderen Schule. Um die Sitzplätze im Bus wird gekämpft und der Stärkere gewinnt. Einige ziehen zusammen los und klauen wie die Raben. Andere werfen Steine auf das Neon-Schild vom Supermarkt und zerstören es sobald es wieder repariert ist. 6-. und 7.-Klässler rauchen und trinken Alkohol. Ein paar Straßen weiter von hier haben letztes Jahr beim Winzerfest ein paar Jungs ein Mädchen vergewaltigt.  Es ist nicht so ganz leicht hier für Kinder. Und wir Eltern müssen da – verzeihen Sie den Ausdruck – höllisch aufpassen.

Am Weihnachtsabend hier in der Kirche sah ich in den hintersten Bänken einige geschiedene Väter. Sie betreuten an diesem Abend wohl ihren Sohn oder ihre Tochter  und nahmen sie mit in die Kirche.  Ich sah ein paar große, fragende und etwas traurige und verlorene Augen.

Unsere beiden ältesten Kinder sind hier zur Erstkommunion gegangen. Die Älteste war dann - leider nur  kurz  - bei den Ministranten.

Die nächsten beiden Kinder, die vergangenes Jahr und dieses Jahr dran gewesen wären, haben wir nicht Erstkommunion geschickt.  Vermitteln wir nicht bei der Erstkommunion mit dem großen Aufwand und der großen Zeremonie den Kindern, dass sie einen wichtigen Platz in der Kirchengemeinde haben. Und dann? Nach der Erstkommunion lassen wir die Kinder allein in der großen kalten leeren Kirche stehen. Das passt für uns einfach nicht und wir wissen nicht, wie es da für uns weiter gehen soll.

Letzten September waren wir spontan eine Woche in Taizé. Wir hatten Glück, dass dort noch Platz frei war. 3x am Tag gibt es dort Gottesdienst statt, 7x die Woche –ohne Sitzbänke, auf dem Boden.

Ich war erstaunt, dass die Kinder ohne Murren mitmachten. Und am Ende der Woche sind wir alle zusammen zur Beichte gegangen. Es war das erste Mal seit der Erstkommunion. Noch heute singen die Kinder die Taizé Lieder ab und zu spontan zu Hause. Und viele der Lieder sind auf Latein.

Ich habe die Älteste gefragt, warum ihr Taizé gefallen hat. Sie meinte, die Leute wären nett gewesen. Es hätte keiner böse geguckt. Sie meinte, es wäre nicht so viel gelabert worden.

Lukas berichtet im Neuen Testament, dass die Leute ihre Kinder zu Jesus brachten. Die Jünger wollten sie schroff abweisen. Aber Jesus sagte „lasst sie zu mir kommen“ und er rief die Kinder zu sich. (Lk 18, 15-17)

Ich glaube wir müssen uns alle fragen, ob wir als Gemeinde für die Kinder und Jugendlichen offen sind oder, wie die Jünger, spontan eher auch oft abweisend sind. Unsere Erstkommunionvorbereitung, so habe ich das Gefühl,  fokussiert sehr einseitig auf Wissensvermittlung.

In den letzten Jahren habe ich mit diesem Thema öfter den Pfarrer und die Gemeindereferentin angesprochen. Ich weiß nicht, welche Priorität bei den beiden die Kinder- und Jugendarbeit hat. Es ist schade, dass der Herr Pfarrer und die Frau Gemeindereferentin heute Abend nicht hier sind. Dass es auch andere Verantwortliche und Ansprechpartner für die Jugendarbeit gibt, wusste ich gar nicht. Ich hatte auch den Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats angesprochen. Der hatte nur auf den Pfarrer gezeigt.

Liebe Gemeindemitglieder: Es geht um unsere Kinder, unsere Gemeinde. Wir sind verantwortlich. Wir dürfen unsere Verantwortung nicht an den Herrn Pfarrer abgeben. Warten wir nicht auf den Pfarrer oder auf den Bischof oder auf Rom. Der Herr Pfarrer hat seinen Praktikanten gebeten, die Versammlung heute Abend zu leiten. Nehmen wir so schnell wie möglich die Zügel selber in die Hand. 

  • Wenn Sie Verantwortung haben oder übernehmen, dann wäre meine Anregung, machen Sie es weil Sie es wirklich wollen und nicht nur weil Sie der Pfarrer gebeten hat und sonst keiner da ist. Stehen Sie als Ansprechpartner zur Verfügung, seien Sie offen, gehen Sie auf andere zu, sprechen Sie mit allen.

  • Es gibt in den Gemeinden eine ganze Reihe von bezahlten Mitarbeitern, nicht nur der Pfarrer und die Gemeindereferentin. Entscheiden wir uns doch die Kinder- und Jugendarbeit in unseren Gemeinden zu priorisieren. Lassen Sie uns, lassen Sie den Pfarrgemeinderat beschließen, dass jeder der bezahlten Mitarbeiter 25% von dem, was er für die Gemeinde tut, für die Kinder- und Jugendseelsorge tut.  

  • Holen wir uns Erfahrungen und Anregungen wo immer wir sie bekommen können. Ob das von anderen Pfarrgemeinden oder von den Menschen hier in unseren Pfarrgemeinden ist. Arbeiten wir zusammen. Viel lernen können wir zum Beispiel von unseren beiden Gemeindeschwestern, unserem Alt-Diakon, unserem ehemaligen  Pfarrer, oder dem Herr Spiritual von unserem Kloster. Kinder bringen diesen Menschen Vertrauen entgegen. Sie sind fantastische Ressourcen für unsere Arbeit. Nutzen wir das. Grenzen wir uns nicht ständig ab und eifersüchteln wir nicht, wer zuständig ist und wer was darf oder nicht darf.

  • Öffnen wir eine Seite für Kinder- und Jugendliche auf dem Web, wo steht was für Sie in der Kirchengemeinde stattfindet und wo sie sich an einem Forum auch online beteiligen können.

  • Machen wir einmal im Monat einen Gottesdienst für Kinder und für Jugendliche. Fragen wir die Kinder und Jugendlichen, wie sie den Gottesdienst wollen. Wollen sie lieber auf dem Boden sitzen als auf Bänken? Wollen sie lieber singen als zuhören? Fühlen sie sich eher im Pfarrsaal als in der Kirche wohl? Kirche ist nicht an Steine gebunden. Stellen wir ab und zu die Kinder und die Jugendlichen in den Mittelpunkt  und machen sie nicht Anhängsel des Erwachsenengottesdiensts.

Wenn meine Tochter sagt, sie mag Laberei nicht - vielleicht liegt das ja gar nicht an dem Gesagten. Vielleicht empfindet sie das nur als Laberei, weil sie keinen Bezug herstellen kann mit ihrer Wirklichkeit. Weil wir als Erwachsene vielleicht das eine erzählen, aber etwas ganz anderes leben.

Und vielleicht  sind da die Kinder viel scharfsichtiger in dem Erkennen der Zusammenhänge und der notwendigen Konsequenzen. Vielleicht meint Jesus das auch, wenn sagt „nehmt das Reich Gottes an wie ein Kind.“

Wir müssen die Kinder nicht zu Gott führen. Sie sind da näher dran als wir. Wir müssen uns und unsere Glaubensgemeinschaft für die Kinder öffnen.

Ich wünsche Ihnen Gottes Segen, ein gutes Meeting und einen guten Start. Guten Abend!