Dienstag, 27. November 2012

Firmung 2013 - Tun wir als Eltern etwas


27. November 2012


Liebe Mit-Eltern,

Ich wollte mich an Sie wenden, weil unsere Kinder mit Firmung „dran“ sind. Ich sehe die Zeit seit der Erstkommunion so:

  • Nach der 4. Klasse gingen viele Kontakte und Freundschaften der Kinder auseinander, weil die Kinder auf verschiedene Schulen gingen. Mit denen auf anderen Schulen kam man dann oft nicht mehr zusammen.
  • In der Kirche gab unsere Tochter nach kurzer Zeit die Mitarbeit bei den Ministranten auf.
  • Sonntagsmesse und andere (sehr wenige) Angebote für Jugendliche in der Kirche haben ihr wenig zugesagt.
  • Über den Religionsunterricht in Schule hat sie manchmal geklagt.
  • Für das religiöse Leben zu Hause hatten wir als Eltern wenig Zeit, waren unsicher und unbeholfen.

In ihrem Elternbrief vom 12. November 2012 schreiben die Pfarrer: „In der katholischen Kirche stärken wir dieses Erwachsenwerden Ihres Kindes durch das Sakrament der Firmung.“ Dann folgen ein paar Anweisungen, wie sich das Kind dafür „bewerben muss“, was es „dafür tun muss.“

Ganz so einfach ist es nicht. Einen Automatismus göttlicher Gnadenvermittlung gibt es nicht. Barmherzigkeit, Annahme und Zuwendung stehen für uns heutzutage eher im Vordergrund als „müssen“, Gebote und Strafen.

Ob so ein Ritual wie die Firmung sinnvoll ist oder nicht hängt davon ab, was es den Jugendlichen bedeutet. Bedeutet es nichts, dann gibt man Ritual und Glauben der Lächerlichkeit preis und dann ist es auch keine Hilfe, sondern es schadet mehr als dass es etwas nützt. 

Dazu passt folgende kleine Geschichte: Drei Pfarrer unterhalten sich. Sagt der eine: "Mensch, unter meinem Glockenturm tummeln sich die Fledermäuse, dass es nur so raschelt. Ich habe schon alles versucht, um sie los zu werden, aber nach einiger Zeit sind sie wieder da. Sagt der zweite Pfarrer: „Mir geht es genau so. Ich weiß auch keinen Rat mehr. Darauf der dritte: „Damit habe ich keine Probleme mehr. Ich habe die Lösung gefunden! Fragen seine Amtskollegen: „Wie hast du das denn angestellt? „Ganz einfach!“, antwortet dieser. „Ich habe sie einfach getauft und gefirmt. Danach habe ich sie nie wieder gesehen.


Ansatz 1 für eine Firmung, die etwas bedeutet: Gemeinschaft

Kommunion und Firmung haben mit Gemeinschaft zu tun. Von den Jugendlichen wird ein Bekenntnis zur Glaubensgemeinschaft erwartet, aber wo ist denn diese Glaubensgemeinschaft?

Unsere Sonntagsgottesdienste sprechen Jugendliche nicht mehr an. Wo gibt es kirchliche  Gemeinschaft, in der die Jugendlichen zu Hause sein können?

Doch Glauben ohne Gemeinschaft ist schwer. Und Firmung ohne Gemeinschaft ist leer.
   

Ansatz 2 für eine Firmung, die etwas bedeutet: Die Jugendlichen ins Zentrum stellen

Glauben in der Kirche präsentiert sich den Jugendlichen oft „von oben“, als schwer verständliche und  starre Rituale, Geheimnisse und Lehrmeinungen. Und die Kirche hat in 2000 Jahren viel angehäuft, das selbst Gutgläubige überstrapaziert. Man versucht den Kindern „von oben“ herab die Glaubenswahrheiten zu vermitteln und ihnen zu zeigen, wie schön diese doch sind. Doch das funktioniert nicht. Mit einer Basilika auf dem Rücken macht man es sich unnötig schwer.

Jugendliche haben eine andere Weltsicht, eine andere Sprache als ihre Eltern und Großeltern. Sie versuchen einen Bezug zu ihrer eigenen, veränderten Welt herzustellen. Dazu brauchen sie Freiraum. Sie wollen ihren Glauben selbst entwickeln. Sie wollen selber denken und verstehen. Sie wollen nicht mehr gesagt bekommen, was sie denken sollen.


Was tun wir?

Das einzige ist wahrscheinlich, dass wir als Eltern etwas vormachen, etwas vorleben. 

Etwas, das ein bisschen von dem aussagt, wie wir uns als Kirche verstehen möchten. Etwas wo wir Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit zeigen. Wo wir zeigen, was wirklich wichtig ist. Wo wir über unseren eigenen Schatten springen, über die täglichen Streitereien, Eifersüchteleien, Rechthabereien usw. Etwas wo wir nicht zuerst an uns selbst denken. Etwas wo wir nicht ausgrenzen sondern einbeziehen. Wo wir einen kleinen Teil Glauben leben.

Wenn wir als Eltern zusammenkommen könnten und so etwas versuchen, wäre das nicht ein tolles Geschenk für die Jugendlichen?


Vorschläge

  1. Können wir uns auf etwas einigen, was wir im obigen Sinne zusammen machen können?

  1. Bei der Firmung bekräftigen auch wir als Eltern unsere Entscheidung zur Nachfolge Jesus und zu einer Gemeinschaft der Gläubigen.

  1. Wir sprechen mit anderen Pfarrgemeindemitgliedern, ob sie bereit wären, auch ein Zeichen des Willkommens und der Akzeptanz für die Jugendlichen zu setzen.

  1. Wir sprechen mit den Amtsträgern, die dem Firmgottesdienst vorstehen, ob wir gewisse unverständliche und altertümliche Formulierungen in der Zeremonie (wie z.B. „Sünde Adams“ oder „Gottesfurcht“) nicht durch eine für die Jugendlichen verständliche Sprache ersetzen können.

  1. Als Teil der Firmung beten wir für eine Erneuerung und Reform unserer Kirche.

  1. Wir unterstützen die Jugendlichen, die sich noch nicht bereit für die Firmung fühlen und üben keinen Druck aus. Wir respektieren ihre Entscheidung, die Firmung zu machen, sie nicht zu machen, sie lieber später zu machen oder auch sie woanders zu machen.
Herzliche Grüße!

An die Verantwortlichen für Kinder- und Jugendarbeit

3. Februar 2012

Ich möchte mich heute abend kurz an Sie wenden und Ihnen einige Punkte aus meiner Sicht mitgeben, aus der Sicht eines Vaters, der in den letzten Jahren versucht hat, sich in der Kirchengemeinde für die Kinder- und Jugendarbeit einzubringen.

Als wir hierher gezogen sind,  da dachte ich „katholische Gegend“, „auf dem Land“ – was kann es Besseres für Kinder geben?

Aber ganz so ist es nicht. Die Kinder bilden ihre Cliquen. Auf einmal reden die von der einen Schule nicht mehr mit denen von der anderen Schule. Um die Sitzplätze im Bus wird gekämpft und der Stärkere gewinnt. Einige ziehen zusammen los und klauen wie die Raben. Andere werfen Steine auf das Neon-Schild vom Supermarkt und zerstören es sobald es wieder repariert ist. 6-. und 7.-Klässler rauchen und trinken Alkohol. Ein paar Straßen weiter von hier haben letztes Jahr beim Winzerfest ein paar Jungs ein Mädchen vergewaltigt.  Es ist nicht so ganz leicht hier für Kinder. Und wir Eltern müssen da – verzeihen Sie den Ausdruck – höllisch aufpassen.

Am Weihnachtsabend hier in der Kirche sah ich in den hintersten Bänken einige geschiedene Väter. Sie betreuten an diesem Abend wohl ihren Sohn oder ihre Tochter  und nahmen sie mit in die Kirche.  Ich sah ein paar große, fragende und etwas traurige und verlorene Augen.

Unsere beiden ältesten Kinder sind hier zur Erstkommunion gegangen. Die Älteste war dann - leider nur  kurz  - bei den Ministranten.

Die nächsten beiden Kinder, die vergangenes Jahr und dieses Jahr dran gewesen wären, haben wir nicht Erstkommunion geschickt.  Vermitteln wir nicht bei der Erstkommunion mit dem großen Aufwand und der großen Zeremonie den Kindern, dass sie einen wichtigen Platz in der Kirchengemeinde haben. Und dann? Nach der Erstkommunion lassen wir die Kinder allein in der großen kalten leeren Kirche stehen. Das passt für uns einfach nicht und wir wissen nicht, wie es da für uns weiter gehen soll.

Letzten September waren wir spontan eine Woche in Taizé. Wir hatten Glück, dass dort noch Platz frei war. 3x am Tag gibt es dort Gottesdienst statt, 7x die Woche –ohne Sitzbänke, auf dem Boden.

Ich war erstaunt, dass die Kinder ohne Murren mitmachten. Und am Ende der Woche sind wir alle zusammen zur Beichte gegangen. Es war das erste Mal seit der Erstkommunion. Noch heute singen die Kinder die Taizé Lieder ab und zu spontan zu Hause. Und viele der Lieder sind auf Latein.

Ich habe die Älteste gefragt, warum ihr Taizé gefallen hat. Sie meinte, die Leute wären nett gewesen. Es hätte keiner böse geguckt. Sie meinte, es wäre nicht so viel gelabert worden.

Lukas berichtet im Neuen Testament, dass die Leute ihre Kinder zu Jesus brachten. Die Jünger wollten sie schroff abweisen. Aber Jesus sagte „lasst sie zu mir kommen“ und er rief die Kinder zu sich. (Lk 18, 15-17)

Ich glaube wir müssen uns alle fragen, ob wir als Gemeinde für die Kinder und Jugendlichen offen sind oder, wie die Jünger, spontan eher auch oft abweisend sind. Unsere Erstkommunionvorbereitung, so habe ich das Gefühl,  fokussiert sehr einseitig auf Wissensvermittlung.

In den letzten Jahren habe ich mit diesem Thema öfter den Pfarrer und die Gemeindereferentin angesprochen. Ich weiß nicht, welche Priorität bei den beiden die Kinder- und Jugendarbeit hat. Es ist schade, dass der Herr Pfarrer und die Frau Gemeindereferentin heute Abend nicht hier sind. Dass es auch andere Verantwortliche und Ansprechpartner für die Jugendarbeit gibt, wusste ich gar nicht. Ich hatte auch den Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats angesprochen. Der hatte nur auf den Pfarrer gezeigt.

Liebe Gemeindemitglieder: Es geht um unsere Kinder, unsere Gemeinde. Wir sind verantwortlich. Wir dürfen unsere Verantwortung nicht an den Herrn Pfarrer abgeben. Warten wir nicht auf den Pfarrer oder auf den Bischof oder auf Rom. Der Herr Pfarrer hat seinen Praktikanten gebeten, die Versammlung heute Abend zu leiten. Nehmen wir so schnell wie möglich die Zügel selber in die Hand. 

  • Wenn Sie Verantwortung haben oder übernehmen, dann wäre meine Anregung, machen Sie es weil Sie es wirklich wollen und nicht nur weil Sie der Pfarrer gebeten hat und sonst keiner da ist. Stehen Sie als Ansprechpartner zur Verfügung, seien Sie offen, gehen Sie auf andere zu, sprechen Sie mit allen.

  • Es gibt in den Gemeinden eine ganze Reihe von bezahlten Mitarbeitern, nicht nur der Pfarrer und die Gemeindereferentin. Entscheiden wir uns doch die Kinder- und Jugendarbeit in unseren Gemeinden zu priorisieren. Lassen Sie uns, lassen Sie den Pfarrgemeinderat beschließen, dass jeder der bezahlten Mitarbeiter 25% von dem, was er für die Gemeinde tut, für die Kinder- und Jugendseelsorge tut.  

  • Holen wir uns Erfahrungen und Anregungen wo immer wir sie bekommen können. Ob das von anderen Pfarrgemeinden oder von den Menschen hier in unseren Pfarrgemeinden ist. Arbeiten wir zusammen. Viel lernen können wir zum Beispiel von unseren beiden Gemeindeschwestern, unserem Alt-Diakon, unserem ehemaligen  Pfarrer, oder dem Herr Spiritual von unserem Kloster. Kinder bringen diesen Menschen Vertrauen entgegen. Sie sind fantastische Ressourcen für unsere Arbeit. Nutzen wir das. Grenzen wir uns nicht ständig ab und eifersüchteln wir nicht, wer zuständig ist und wer was darf oder nicht darf.

  • Öffnen wir eine Seite für Kinder- und Jugendliche auf dem Web, wo steht was für Sie in der Kirchengemeinde stattfindet und wo sie sich an einem Forum auch online beteiligen können.

  • Machen wir einmal im Monat einen Gottesdienst für Kinder und für Jugendliche. Fragen wir die Kinder und Jugendlichen, wie sie den Gottesdienst wollen. Wollen sie lieber auf dem Boden sitzen als auf Bänken? Wollen sie lieber singen als zuhören? Fühlen sie sich eher im Pfarrsaal als in der Kirche wohl? Kirche ist nicht an Steine gebunden. Stellen wir ab und zu die Kinder und die Jugendlichen in den Mittelpunkt  und machen sie nicht Anhängsel des Erwachsenengottesdiensts.

Wenn meine Tochter sagt, sie mag Laberei nicht - vielleicht liegt das ja gar nicht an dem Gesagten. Vielleicht empfindet sie das nur als Laberei, weil sie keinen Bezug herstellen kann mit ihrer Wirklichkeit. Weil wir als Erwachsene vielleicht das eine erzählen, aber etwas ganz anderes leben.

Und vielleicht  sind da die Kinder viel scharfsichtiger in dem Erkennen der Zusammenhänge und der notwendigen Konsequenzen. Vielleicht meint Jesus das auch, wenn sagt „nehmt das Reich Gottes an wie ein Kind.“

Wir müssen die Kinder nicht zu Gott führen. Sie sind da näher dran als wir. Wir müssen uns und unsere Glaubensgemeinschaft für die Kinder öffnen.

Ich wünsche Ihnen Gottes Segen, ein gutes Meeting und einen guten Start. Guten Abend!

Dienstag, 19. Juni 2012

Dublin: Laien unterstützen Reformforderungen der Priester

Wird es in Irland sein, wo das Kirchenvolk mit einer Stimme "Nicht weiter so!" sagen wird?


Über 1.000 Gläubige nahmen am 14.5.2012 an einer Konferenz der Vereinigung irischer Priester (Irish Association of Catholic Priests) teil. Die Gläubigen zeigten ihre Solidarität mit den Priestern, die glauben, dass die katholische Kirche sich ändern muss, wenn sie nicht bedeutungslos werden will. 

Genau wie die Vereinigung religiöser Frauen (LCWR) in den USA, wird die Vereinigung der irischen Priester derzeit von der Glaubenskongregation in Rom untersucht. Father Tony Flannery, Gründer der Gruppe, wurde bereits "gemaßregelt".



REPORTAGE DES BBC:
(http://www.youtube.com/watch?v=2QzXbvBMPiY, eigene Übersetzung)  

Reporter: Nach Jahren zunehmender öffentlicher Ernüchterung mit der Kirche, verlangen die Priester Reformen, die vormals undenkbar waren. Mit dieser Veranstaltung habe die Priester Stärke demonstriert. Priester wie Ignatius O'Donovan wollen ein Ende des Pflichtzölibats, die Priesterweihe für Frauen und Mitbestimmung in der Wahl der Bischöfe.

Father O'Donovan: Möglicherweise haben wir dadurch, dass wir versucht haben, Skandale zu verhindern, die Mutter aller Skandale geschaffen.

Reporter: Father O'Donovan had den Mitgliederschwund in den Gemeinden erlebt, sowie den fehlenden Nachwuchs an Priesters - und, seit dem Missbrauchsskandal, eine gefährliche Entfremdung der Öffentlichkeit von der Kirche.

Father O'Donnovan: Die Kirche mag auf dem Weg in die Vergessenheit sein. Die Botschaft Christi wird weiter leben, aber wir werden nicht die sein, die sie verkünden.

Reporter: Ist es wirklich so schlimm?

Father O'Donovan: Es könnte so schlimm sein, ja.

Reporter: Gerade jetzt wo die Kirche eine starke Führung braucht, ist der oberste Kirchenführer in Irland gelähmt. Kardinal Sean Brady ist unter Druck seinen Posten aufzugeben, wegen seiner Rolle in der Vertuschung der Missbräuche.

Michael Kelly, Katholische Wochenzeitung: Die Führung der Kirche ist nicht mehr in den Händen des Kardinals, ob er das glaubt oder nicht. Die meisten Leute mit denen wir sprechen, selbst die, die dem Kardinal gegenüber positiv eingestellt sind, sehen, dass die Kirche ohne Führung ist. Selbst einige Bischöfe geben dies im privaten Gespräch zu.

Reporter: Die katholische Kirche dominierte das öffentliche Leben in Irland. Doch mit atemberaubender Geschwindigkeit hat sie Autorität und Respekt verloren. Immer öfter werben verzweifelte Priester Laien an, um ihre Forderungen nach grundlegenden Reformen zu unterstützen. Dieses Treffen ist eine noch nicht dagewesene Herausforderung an den Vatikan - eine Herausforderung, die der Vatikan mit allen Mitteln bekämpfen wird.

Traditionsorientierte Katholiken beschimpfen die Vereinigung irischer Priester als Verräter, aber die wird nicht aufgeben. 

Father P.J. Madden: In der heutigen Welt sind die Menschen gebildet und sie haben ein Recht darauf, sich eine eigene Meinung zu bilden, und ein Recht darauf, gehört zu werden. Wenn dies zu neuen Entscheidungen führt, die derzeitig Institutionen in Frage stellen, dann ist das Fortschritt und nicht Liberalismus.

Reporter: Mehr als ein Viertel aller Priester in Irland sind dieser Bewegung beigetreten. Sie fordern eine allgemeine Konferenz der Kirche in Irland um einen Weg zu finden, das verlorene Vertrauen wiederzugewinnen, bevor es zu spät ist.

ENDE DES BBC BEITRAGS

Montag, 18. Juni 2012

Huffington Post Interview mit Sr. Joan Chittester

Huffington Post, 5. Juni 2012 

Paul Raushenbush, Senior Religion Editor, Huffington Post, sprach mit Schwester Joan Chittister, OSB, Erie, Pennsylvania 


Quelle:  www.huffingtonpost.com/paul-raushenbush/nun-vatican-crackdown-sister-joan-chittister_b_1570775.html?ref=religion (eigene Übersetzung) 

Anmerkung des Übersetzers: Schwester Joan ist bekannt als Autorin (über 40 Bücher) und sie hält regelmäßig Vorträge. Sie leitet das Benetvision Center für Spiritualität in der Gegenwart in Erie, Pennsylvania (www.benetvision.org). Sie schreibt regelmäßig für den Nationnal Catholic Reporter und die Huffington Post. Sie war Präsidentin der Leadership Conference of Women Religious LCWR (1976-77), Priorin der Benediktinerinnen von Erie (1979-90).
 

Paul Raushenbush: Schwester Joan, worum geht es hier eigentlich? 

Schwester Joan: Es ist ein feindliche Übernahme, daran habe ich keinen Zweifel. Die 'säubern die Kirche' - alles, nur nicht sich selber.

Paul Raushenbush: Ein Spekulation besagt, dass diese Maßregelung darin ihren Ursprung hat, dass die Schwestern President Obamas Gesetz zur Gesundheitsversorgung unterstützen.

Schwester Joan: Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber es scheint mir, dass dies ein Wendepunkt war. Die Stellung der Schwestern zeigt modellhaftes katholisches Denken: eine Sache durchdenken und einen neuen Ansatz formulieren; neue Wege zu finden um Themen zu beeinflussen, die man für wichtig hält.

Teil dieser ganzen Sache ist - ob die in Rom sich darüber klar sind oder nicht - dass bei jeder Frage ganz stark unterschiedliche männlich/weibliche Rollenverständnisse herauskommen: Setz dich hin und halt den Mund! Papa weiß es besser. Wir sagen dir, was du denken sollst. Wir sagen dir, was du tun sollst. Woher soll eine Frau denn das wissen?

Paul Raushenbush: Wie halten die Schwestern diese ganze Sache aus?

Schwester Joan: Da wird viel gebetet und gefastet um die Verantwortlichen der LCWA zu unterstützen. Wir wollen ihnen soviel Unterstützung geben, wie wir können.

Die Schwestern sind sehr besorgt, aber sie wissen, dass die Anschuldigungen jeder Grundlage entbehren. Zum Beispiel: Wie kann Rom von radikalem Feminismus sprechen, wenn sie keine Ahnung haben, was dies überhaupt ist - das ist sehr beschämend. Die Leute, die wirklich wissen, was radikaler Feminismus ist, die horchen verdutzt auf und fragen verständnislos 'Was?' Das ist doch sehr bizarr.

Paul Raushenbush: Es findet ein ernstzunehmender Machtkampf statt. Es scheint, dass Rom die Kontrolle übernehmen könnte.

Schwester Joan: Ja. Theoretisch könnten sie das. Wenn man die Abteilungen der Kurie hierarchisch gliedert, dann ist die Glaubenskongregation die letzte Instanz -- da lässt sich offiziell keine Berufung mehr einlegen.

Ohne Frage ist es ernst - aber es geht auch darum, dass Leute in eine Ecke getrieben werden und das darf man nicht machen. Auch die Glaubenskongregation darf das nicht. Und die Laien wissen das. Wenn diese Kirche noch über Integrität verfügt, dann liegt diese in den Menschen, die den Dienst auf der Straße machen.

Paul Raushenbush: Und das sind die Schwestern?

Schwester Joan: Ja.

Paul Raushenbush: Wenn das so weiter geht - denken Sie jemals daran, die Kirche zu verlassen?

Schwester Joan: Das würde ich nicht wollen. Ich bin katholisch geboren und aufgezogen. Ich habe erkannt, dass Tradition und Institution in der Geschichte der katholischen Kirche oft nicht im Einklang waren.

Die Kirche hatt sich immer nur sehr langsam gewandelt. Das letzte Mal, als man ihr ihre Sünden aufgezeigt hat, brauchten sie 400 Jahre um zu sagen, dass Martin Luther Recht hatte und der Reliquienverkauf falsch war und die Leute die Schrift in ihrer eigenen Sprache und die Worte Jesus selber lesen können.

Es war genau das Gleiche: 'Wir sagen dir, wie du über die Schrift denken sollst, weil du das heilige Wort kaputt machen würdest. Du würdest es nicht verstehen. Du würdest es zerstören.' Wir sind darüber hinweggekommen. Und, so Gott will, werden wir auch über diese Sache hinwegkommen.

Ich sorge mich weniger um die Leute, die sich organisieren, um die Kirche zu verlassen.

Ich fürchte, dass es da draußen eine große Menge an enttäuschten Hoffnungen und an Verzweiflung gibt, und dass die Kirche die Ursache dafür ist.

Jeder spricht davon, dass der Papst ein kleinere, reinere Kirche möchte. Nun, sie haben davon auch schon im 16. Jahrhundert gesprochen. Und sie haben bekommen, was sie wollten - sie haben halb Europa verloren. Jetzt verlieren sie Irland, Österreich und auch die US-Kirche wankt. Die Menschen lieben ihren Glauben aber sie können diese Maßnahmen der Institution nicht mittragen.

Paul Raushenbush:  Was ist eigentlich mit Vatikan II passiert? 

Schwester Joan: Gute Frage. Jemand hat es entführt, als keiner hingeschaut hat. Vielleicht ist jetzt der Moment, wo wir alle entscheiden, was mit Vatikan II passiert ist. Es ist klar, dass es ein Element in der Institution gibt, das Vatikan II zerstören und auslöschen will.

Warum? Weil es die ganze Kirche zur Kirche gemacht hat. Zum ersten Mal in der Geschichte hat Vatikan II den Laizismus als Berufung anerkannt und die Laien haben das ernst genommen. Sie stehen auf, in den Straßen. Sie sagen mit welchen Themen sich die Kirche befassen muss und wo Entscheidungen getroffen werden müssen.

Paul Raushenbush: Ich bin in einer verzwickten Lage, weil ich Protestant bin. Aber viele dieser Frauen inspirieren mich und ich betrachte sie als geistliche Lehrmeisterinnen. Ich habe das starke Bedürfnis diese Frauen zu unterstützen aber viele werden mich kritisieren, weil ich nicht katholisch bin.

Schwester Joan: Wir alle sind Christen und wir alle sind in dieser Sache zusammen. Was dieser Kirche passiert, hat Auswirkungen auf Sie als Christen. Es wirkt sich auf das Bild aus, dass andere weltweit von Christen haben. Wir sind nicht allein in dieser Sache. Die Gläubigen sehen dies ganz genau und dieser Punkt ist für sie sehr klar: Nicht nur weil sie die Schwestern gerne haben oder weil sie die Arbeit schätzen, die die Schwestern machen - nein, die Gläubigen wissen, dass dies der Kirche Schaden zufügt.

Diese ganze Vorstellung, dass man freies Denken unterdrückt und das dann katholisch oder christlich nennt, das dann Verkündigung an Erwachsene nennt in einer erwachsenen Welt - das ist einfach nicht vereinbar. Schreiben Sie als Christ. Schließen Sie sich nicht aus. Ich brauche Sie.

Paul Raushenbush: Nun, viele von uns sind beunruhigt and wir wissen nicht was wir tun sollen, wenn die anderen alle Trümpfe in der Hand zu haben scheinen.

Schwester Joan: Oh ja, kein Zweifel, Menschen werden hier fertig gemacht und zerstört. Und es mag Leute geben, die sie wirklich fertig machen wollen, die sie wirklich zerstören wollen. Entweder Rom will denkende Erwachsene in der Kirche haben, die sich mit ihren eigenen Erfahrungen des Heiligen Geistes zu den Fragen einbringen - ironischerweise liegt darin schon ein großer Respekt für die Institution - oder Rom will es nicht. 

Paul Raushenbush: Ich nehmen an, Sie haben die Kritik an Schwester Margaret Fawley's Buch gesehen?

Schwester Joan: Oh, ja. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie stark mich das getroffen hat. Diese Frau hat ein so großes Verständnis, sie ist so genau, in dem was sie sagt. Ihre Antworten sind außerordentlich. Sie sagte: 'Ich habe niemals gesagt, dass ich katholische Glaubenslehre schreibe. Ich bin Theologin und ich denke diese Themen durch.' 

Wenn jemand alle eigenständige Denker zu Papageien oder Marionetten machen will, dann soll er mir doch bitte nicht mit Respekt vor dem Heiligen Geist kommen.

CNN Interview mit Schwester Joan Chittester - Abweichen von den Vorgaben des Vatikans

CNN Interview, 14.06. 2012

Christiane Amanpour im Gespräch mit Sister Joan Chittister

http://amanpour.blogs.cnn.com/category/latest-episode/ (eigene Übersetzung)



Christiane Amanpour: Willkommen zurück zum Program. Wir wenden uns nun der katholischen Kirche zu, die kürzlich einen Bericht veröffentlicht hat, der die Nonnen hier in den Vereinigten Staaten kritisiert. Er behauptet, dass die Nonnen von der Glaubenslehre der Kirche abweichen und bezieht sich auf radikal feministische Forderungen aus ihren Reihen. Mein nächster Gast ist eine praktizierende Nonne und ehemalige Vorsitzende der Gruppe, die die Mehrheit der Nonnen in den Vereinigten Staaten repräsentiert. Schwester Joan Chittister, willkommen zum Programm!

Schwester Joan: Danke, Christiane.

Christiane Amanpour: Dieses Dokument wurde veröffentlicht und es hat die Nonnen kritisiert. Lassen Sie mich ein paar Dinge erwähnen, die im Dokument angeführt werden. Wie wir bereits sagten, radikal feministische Forderungen, keine Aussagen zum Recht auf Leben, Verwirrung über die authentische Glaubenslehre der Kirche - in anderen Worten - Abweichung vom Parteiprogramm des Vatikans. Was antworten Sie darauf? Dies sind ernste Anklagen.

Schwester Joan: Ich möchte mit dem ersten Punkt beginnen, weil ich glaube, dass dieser die Säule ist, auf den die den Rest des Falls gebaut haben. Die nennen uns radikal feministisch - das ist ja peinlich! Und es ist nicht peinlich für mich - es sollte denen peinlich sein! Und ich sage Ihnen warum: Der Ausdruck "radikal feministisch" ist ein sehr genauer philosophischer Ausdruck. Wenn man jemanden dessen bezichtigt, dann sollte man wissen, was er bedeutet.

Christiane Amampour: Was bedeutet er denn?

Schwester Joan: Der Ausdruck kommt aus den Sechzigern. Ich denke an den Aufkleber, auf dem so etwa stand: "Eine Frau braucht einen Mann genauso wie ein Fisch ein Fahrrad braucht!" Bei dem Ausdruck geht es um Trennung und Ausschließung - die Ausschließung der Geschlechter von einander. Ich kenne keine Frau und keine Nonne, die daran glauben, dies je geglaubt haben oder darauf hin gearbeitet haben ...

Christiane Amampour: Warum sagen die es denn dann? Warum benutzen die diesen Ausdruck?

Schwester Joan: Weil das Problem nicht radikaler Feminismus ist, es ist radikaler Patriarchalismus. Hier ist der Ausschluss in die DNA eingebaut. Nirgendwo in diesen Kommissionen, bei dem Schreiben dieser Dokumente sind Frauen beteiligt. Woher wollen die wissen, was die Antwort einer Frau auf diese Dinge ist?

Es geht darum, dass man den Rest der Welt einen Teil seiner eigenen Welt machen will.

Christiane Amampour: Die Nonnen Ihrer Organisation trafen sich mit dem Vatikan, der jetzt dafür verantwortlich ist, das zu verstehen und zu lösen. Was war das Resultat des Treffens? Es scheint, dass der Vatikan einen strengen Marschbefehl gab: Entweder ihr reiht euch ein und seid folgsam oder ihr verlasst die Kirche.

Schwester Joan: Zuerst möchte ich klarstellen, dass ich früher einen Posten in der LCWR hatte - jetzt jedoch nicht mehr. Ich habe also nicht an diesem Treffen teigenommen. Und wie jeder andere habe ich die Zeitungsartikel gelesen aber die waren klar.

In diesem Treffen haben die Frauen ihren Plan dargelegt und, noch wichtiger, sie haben den Prozess dargelegt. Das ist ein Model für die ganze Kirche. Sie sagen: "Wir werden diese Entscheidung nicht treffen and wir werden euch nicht antworten. Wir werden zurückgehen und die Schwestern in den Vereinigten Staaten, unsere Mitglieder, befragen und dann werden wir euch sagen, was unsere gemeinschaftliche Auffassung ist."

So etwas passiert nicht auf der anderen Seite der Gleichung.

Christiane Amampour: Aber lassen Sie mich hier nachhaken. Sie sagen "gemeinschaftliche Auffassung". Sie als Schwestern haben bestimmt, wohin Ihr Glauben, Ihre Lehre, Ihr Auftrag und Ihr Dienst Sie führen. Aber Sie sind Teil der Römisch Katholischen Kirche. Dieser Papst und auch sein Vorgänger haben es sehr klar gemacht, dass sie zurück zum Fundamentalen wollen. Kein Vatikan II mehr. Keine liberalen Reformen mehr. Wenn Sie katholische Nonnen bleiben wollen, dann müssen Sie sich fügen und am selben Strang ziehen.

Schwester Joan: Über welchen Strang reden wir denn? Über welche Linie und welche Richtung sollte die Kirche reden? Die Schwestern werden Ihnen sagen, dass ihre gemeinschaftliche Auffassung aus dem Evangelium kommt. Das sie sich im Dienst an den Menschen sehen.

Ich glaube hier kommt es zu Spannungen und zur Kluft. Ich denke wir sehen den Unterschied zwischen den Idealen und dem täglichen Leben - zwischen dem Gesetz und den Menschen.

Wir haben hier einen Fall, wo wir mit einem Unterschied zwischen dem mittelalterlichen und dem modernen Denken konfrontiert werden. Im mittelalterlichen Denken gibt es eine Antwort auf alles - und zwar immer nur eine. Es gibt richtig und falsch und wir können euch sagen was richtig und was falsch ist. Im modernen Denken, aus dem wissenschaftlichen Zeitalter geboren, gibt es viele Antworten auf viele Dinge und wir müssen auf alles schauen, um zu wissen, was das Beste ist.

Christiane Amampour: Lassen Sie mich fragen, wie Sie auf die zweite größere Anklage, die die erheben, antworten, und zwar, dass Sie als Schwestern nicht für das "Recht auf Leben" Stellung nehmen.

Schwester Joan: Oh, darin liegt schon fast Humor. Die Schwestern leben die Fragen des Lebens - vom Kind im Bauch der Mutter bis zum Grab. Bei allem, was wir tun, geht es um den Wert des Lebens.

1977 oder 78 haben wir in der LCWR beschlossen, dass unsere Sicht von Leben, dem entspricht, was später Kardinal Bernadin als "Kleid ohne Nähte" dargestellt hat. Alle Themen, die das Leben betreffen sind wichtig und wir wollen uns nicht auf einige wenige Themen beschränken und andere als unwichtig ausschließen.

Christiane Amampour: Wenn Sie über "Recht auf Leben" sprechen, dann reden Sie über ihre Aufgaben, über ihren Dienst für die Armen, darüber den Enteigneten zu helfen, über soziale Gerechtigkeit?

Schwester Joan: Nun, ich möchte es nicht soziale Gerechtigkeit nennen. Es geht um das Leben in diesem Land zu dieser Zeit. Über hundert Jahre hatten die Schwestern in den Schulen gearbeitet, um den Schmerz des Analphabetismus zu heilen. Der Staat hat inzwischen die Verantwortung für den Analphabetismus übernommen.

Die Schwestern haben sich anderen Gebieten zugewendet, wo sie viel Schmerz sahen. Wir sahen die Schmerzen im täglichen Leben. Wir sahen den Schmerz in armen Familien. Wir sahen den Schmerz in den Gefängnissen. Wir sahen den Schmerz im Gesundheitssystem. Schwestern mit unterschiedlicher Ausbildung und unterschiedlichen Schwerpunkten engagierten sich auf diesen Gebieten, wo sie sich heute in den Dienst der Armen stellten.

Die Schwestern kümmern sich nicht nur um arme Katholiken. Sie benutzen ihre Aufgaben nicht als Ausgangspunkt um irgendein Dokument zu verkünden. Die Schwestern würden sagen, dass ihr Verständnis ihres Dienstes vom Vorbild Jesu im Evangelium kommt. Wer immer unten ist, dem wollen wir helfen wieder hochzukommen. Wer tot ist, dem wollen wir helfen, neues Leben zu gelangen. Wenn das nicht für "Recht auf Leben" ist, dann weiß ich auch nicht.

Christiane Amampour: Und denken Sie, dass die Kirche nicht will, dass Sie diese Arbeit machen?

Schwester Joan: Es ist der ihr Urteil. Die wenden ganz viel Zeit auf für Themen wie Abtreibung, Verhütung und Homosexualität und nicht genug Zeit für die vielen Themen mit denen wir jeden Tag ringen.

Es ist nicht so, dass Abtreibung, Verhütung und Homosexualität nicht wichtige Themen sind. Keine Schwester hat so etwas behauptet. Aber bei Abtreibung, Verhütung und Homosexualität da kommen theologische und wissenschaftliche Aspekte zusammen - dies sind lebendige, dynamische Themen. Diese Gesellschaft bemüht sich sehr stark und tief mit diesen Themen.

Keiner kann mit absoluter Sicherheit sagen: "Das ist Leben." Wir haben einen Klon, Dolly genannt, und jetzt weiß keiner von uns mehr genau.

Christiane Amampour: Das geklonte Schaf!

Schwester Joan: Ja, das Schaf, das geklont wurde. Es hat die Definition, was Leben ist, durcheinander gebracht. Und all diese Fragen, die werden nicht verschwinden.

Christiane Amampour: Ich wollte zurückgehen auf das, was Sie gesagt haben - es geht um Patriarchalismus.

Schwester Joan: Ja.

Christiane Amampour: Wir hatten ja dieses faszinierende Bild hier auf dem Schirm, dass die Hierarchie der katholischen Kirche zeigt - der Papst und seine Männer, alle seine Kardinäle und Erzbischöfe.

Wir wissen auch und haben eine Chart, die zeigt, dass die Zahl der religiösen Schwestern in den Vereinigten Staaten, Nonnen wie Sie, drastisch fällt. Ich möchte Sie fragen, warum? 1965 waren es noch 180.000 und 2011 nur noch 56.000.

Schwester Joan: Sicherlich. Nun, da gibt es viele Gründe - viele von ihnen liegen im gesellschaftlichen generell. Die Rotarier werden es Ihnen genauso sagen wie die Theresitinnen. Die Zahl der Neuzugänge zu den Institutionen bewegt sich wie auf einem Computerspiel oder so etwas.

Ich möchte dazu etwas bezüglich der Situation der Frauen sagen: Bis zur heutigen Zeit waren die Möglichkeiten für Frauen einen entscheidenden Beitrag zu dieser Welt zu leisten sehr beschränkt - Mutterschaft, Krankenschwester, Lehrerinnen. Wir Schwestern sind heute eine sehr ernste, sehr spirituelle Gruppe und unser Fokus liegt auf dem christlichen Dienst im täglichen Leben bei den Menschen.

Christiane Amampour: Und wenn Sie dieser Hierarchie von Männern, den Bischöfen und denen, die den Auftrag haben, diese Situation jetzt zu untersuchen, sagen, dass es nicht die Nonnen waren, die für den Sex-Skandal, der die Römisch Katholische Kirche erschüttert hat, verantwortlich waren, was sagen die dann? Sind die nicht um ihre eigene Glaubwürdigkeit besorgt, wenn die sich gegen die Schwestern wenden?

Schwester Joan: Ich habe keine Ahnung. Über diesen Punkt, da gehen die einfach hinweg. Die sehen da keine Beziehung, soviel ich weiß. Aber so viel weiß ich: Alle männlich dominierten Kirchen haben immer die Stellung der Frau besonders hervorgehoben und dann die Meinung der Frauen in allen großen Themen ignoriert. Frauen sind nicht Teil, von dem was hier im Vatikan vor sich geht. Nicht bei diesem Thema und auch bei keinem anderen.

Aber schauen Sie sich in der Welt um. Wir werden zur Ganzheit der Frau geleitet, und zwar durch Sie, durch Ihre journalistische Tätigkeit, durch die Tätigkeit von Unternehmen und Organisation um uns herum. Aber nicht durch die Kirche. Die Kirche hat keine Führungsrolle bei diesem Thema, bei dem sie eigentlich eine Führungsrolle haben sollte.

Christiane Amampour: Wir werden das weitere Geschehen auf Ihrer Seite weiter verfolgen. Schwester Joan Chittister vielen Dank, dass Sie zu uns gekommen sind!

Schwester Joan: Ich danke Ihnen, Christiane.

Montag, 14. Mai 2012

Bernies Kirchentag Initiative - Diskussionspunkte

In der Glaubensgemeinschaft
(1) Begegnen wir einander in der Kirche. Sitzen wir im Kreis und schauen einander an. Sprechen wir miteinander. Werfen wir die Kirchenbänke hinaus.                      
(2) Unsere Glaubensgemeinschaften sind offen. Bilden wir keine Clubs der Einzelinteressen, schotten wir uns nicht ab und errichten wir keine Zugangsbarrieren.
(3) Freuen wir uns in der Kirche und lassen wir die misslaunigen und mürrischen Gesichter draußen.
(4) Arbeiten wir mit anderen Religionsge-meinschaften zusammen, gestalten gemein-same Programme (z.B. Bibelstunden) und teilen unsere Ressourcen.
(5) Der Standard-Frontal-Gottesdienst als Kern der Gemeinde reicht nicht aus und wird keinem gerecht. Wir benötigen unterschiedliche und überörtliche Angebote um die Gläubigen in ihrer Vielfalt anzusprechen.
(6) Grenzen wir keinen aus, wenn wir in unseren Gottesdiensten essen und trinken.
(7) Kommen wir als Gemeinde mit den Kindern bei Taufe, Erstkommunion und Firmung zusammen. Was sollen die Kinder von lustlos und automatisch abgespulten 08/15 Programmen halten?
(8) Trennen wir Erstbeichte und Erstkommunion. Erstkommunion soll vor der Erstbeichte erfolgen. Wir sind alle eingeladen und nicht erst nach einer „magischen Reinwaschung“.

Botschaft Jesu für heute
(9) Priestern und Bischöfen sollen uns das Evangelium verständlich machen und seine Relevanz aufzeigen – nicht uns auf wörtliche Übersetzungen antiker Texte zu verpflichten, als ob es Zauberformeln seien, bei denen die kleinste Abweichung den Zauber unwirksam macht.
(10) Viele Texte der Liturgie sprechen wir nur aus Gewohnheit und ohne Verständnis. Bei manchen („ich bin nicht würdig“) glauben wir genau das Gegenteil von dem, was wir mitsprechen. Das  überfordert uns und vergrault unsere Kinder.
(11) Unsere Gesangbuch besteht fast nur aus 300 Jahre alten Liedern mit ebenso alten Texten. Kein Mensch redet mehr so. Warum sollen wir so etwas singen?
(12) Solange der Vatikan für die Eucharistiefeier eine unverständliche und fremde mittelalterliche Sprache befiehlt, solange stellen wir die Gottesdienste ohne Priester in den Mittelpunkt unserer Gemeinde.
(13)  Gestalten wir lebendige Gottesdienste.

Leitung unserer Gemeinde
(14)  Priester als Verwalter brauchen wir nicht. Geistliche Leiter sollen sich aufs Geistliche fokussieren.
(15) Unsere Pfarrer und Gemeindeleiter können männlich, weiblich, verheiratet oder ledig sein. Sie müssen nicht Priester sein.
(16)  Wählen wir unsere Pfarrer, Gemeindeleiter, Gottesdienstleiter und Bischöfe selbst.

Die Institution zurückbauen
(17) Brauchen wir wirklich ein geistliches Oberhaupt mit einem eigenem „Kirchenstaat“?
(18)  Die katholische Kirche ist der größte Arbeitgeber der Welt – eine  zentralistische Organisation mit ein-em CEO, der keinem Aufsichtsrat untersteht. In so einem System sind Missbräuche und Korruption immanent.
(19)  Ist es nicht allzu menschlich, dass die hohen Herren unserer Kirche ihre Privilegien und Machtansprüche aufs äußerste verteidigen?
(20) Die Unternehmenskultur des Vatikans und der Diözesen zeichnet sich weder durch christliche Geschwisterlichkeit noch durch Befolgung moderner ethischer Grundsätze in der Unternehmensführung aus. Wie glaubwürdig ist das?
(21) Wo sie eine weltliche Institution ist, sollen auch die weltlichen Gesetze für die Kirche gelten, einschließlich der Anti-Diskriminierungsgesetzte.
(22) Gern lässt die Kirche sich ihre Bischöfe vom Staat bezahlen, ihre Pfarrer beamten, den Kirchenbeitrag vom Finanzamt eintreiben, und beansprucht Mitspracherecht bei staatlichen Universitäten. Trennen wir Staat und Kirche.
(23) Demokratie in der Kirche ist keine Option, es ist eine Notwendigkeit der modernen Gesellschaft.
(24) Wir sind eine Kirche. Die großen Kirchenspaltungen wurden durch machtpolitische Streitereien verursacht, nicht durch Unterschiede im Glauben. Der Autoritätsanspruch des Papstes kann nicht wichtiger sein, als die Lebendigkeit und die Einheit der Kirche.

Glaubwürdigkeit schaffen
(25) Unterzeichnen wir als Kirche endlich die UN-Charta der Menschenrechte.
(26) Die Botschaft Jesu ist die Liebe. Wir möchten keine Kirche der Gesetze, des Zwangs, der Angst und der Bestrafungen. Es ist nicht notwendig. Es schadet uns. Lassen wir es hinter uns.
(27) In den letzten 50 Jahren hat sich Menschheit schnell weiterentwickelt. Die von Vatikan II angestoßene Öffnung der Kirche zur heutigen Welt ist weitgehend versandet. Die Amtskirche schafft es nicht mehr aus eigenen Kräften sich aus den Fesseln ihrer Tradition zu befreien.  Dringend brauchen wir als Kirche ein Volkskonzil um eine Basis zu schaffen, damit wir als Kirche uns den Herausforderungen unserer Zeit stellen können.
(28) Der Petersdom – mit dem Verkauf von Ablässen an das arme Landvolk finanziert. Ein Hauptpunkt für die Spaltung der Kirche. Würde sich Jesus oder Petrus über diesen monumentalen Prachtbau freuen? Das ist nicht Kirche – das ist Museum!
(29)  Wer die pompösen Gottesdienste von Papst und Bischöfen im Fernsehen sieht, fragt sich: „Für wen ist das?“ Nehmen wir Abschied vom Hofzeremoniell der Kirche, in Rom und vor Ort. Es entfremdet uns von der Botschaft Jesu.

Mündigkeit der Gläubigen
(30) Wir möchten nicht vom Staat gezwungen werden. Wir sind groß genug, in eigener Verantwortung unseren finanziellen Beitrag für die Kirche zu leisten.
(31) Zahlen 100.000 Gläubige ihre Kirchensteuer nicht mehr, sind aber bereit sie direkt an ihre Kirche zu zahlen, dann werden Amtskirche und Politiker zuhören.

Verantwortung übernehmen
(32) Wo ist das Geld? Aus Deutschland zahlen wir etwa 1/3 des Budgets des Vatikans. Damit werden Kondome verurteilt, Homo-sexualität verdammt, Geschiedene ausgegrenzt, Missbräuche vertuscht, Nonnen ge-maßregelt, unliebsame Priester und Theologen kaltgestellt, blinder Gehorsam erzwungen. Wollen wir das? Für das, was mit unserem Geld und in unserem Namen („Kirche“) gemacht wird, sind wir mitverantwortlich.

Bernies Kirchentag Initiative - Der kleine Gläubige

Der kleine Gläubige
Der Pfarrer sprach von Schuld und warnte vor  Sünde und Versuchung. Er forderte Ruhe, Andacht und Besinnung. Und seine Worte lasteten schwer auf dem kleinen Gläubigen. Doch im Evangelium las er von Freiheit und Freude.
Der kleine Gläubige glaubte an Gott – aber ein Himmel „droben“, mit Thron, allmächtigen Herrschern,  himmlischen Heerscharen und Himmelskönigin – das konnte er sich nicht vorstellen. Und er wusste nicht, was das bedeuten sollte. Solchen Glauben wollte er nicht bezeugen, solche Gebete nicht sprechen und solche Lieder nicht singen.
Und der kleine Gläubige traf sich mit anderen, sie lasen im Evangelium, hörten einander zu, redeten miteinander und beteten. Und sie aßen und tranken zusammen und sie fühlten, dass Jesus mitten unter ihnen war.
Der große Bischof wurde böse und sagte: „Das verbiete ich euch. Nur in der Kirche ist Heil.“ Und mit Kirche meinte er sich. Und er setzte sich einen großen Hut auf. Doch im Evangelium steht: „Macht euch nicht größer!“
Und der Papst sagte: „Ich bin dein Heiliger Vater.“ Doch im Evangelium steht, dass nur Gott unser Vater ist.
Und der Papst hatte dreitausend Glaubenssätze, in denen stand, was alle glauben sollten. Und er hatte tausende Kirchengesetze, die er allen befahl.
Er nannte sich Hirte und hatte einen großen Stock. Er sagte: „Sei wie ein Kind! Du musst mir gehorsam sein! Ich weiß, was gut für dich ist.“
Doch der kleine Gläubige wollte nicht Kind und nicht Schaf sein. Er war traurig, dass der Papst sein Herrscher sein wollte und nicht sein Bruder. Das verstand er nicht.
Und er sagte „Jesus liebt mich. Keiner darf mich klein machen, mir drohen und mir Angst machen.“ Und er sah wie der Papst viele verurteilte und wegstieß und er sah darin nicht die Liebe Gottes.
Der Pfarrer und der Bischof und der Papst hörten den kleinen Gläubigen nicht. Und für ihre Worte fand der kleine Gläubige keine Bedeutung mehr.
Und die hohen Herren in den teuren Gewändern hinter den hohen Mauern ihrer schmucken Paläste konsultierten, theologisierten und dogmatisierten. Aber sie konnten den kleinen Gläubigen nicht in ihre Welt einordnen.
Doch der kleine Gläubige hatte eine Glaubensgemeinschaft gefunden. Ihm war leicht ums Herz und er fühlte sich befreit und er sah die Liebe Gottes darin.
Eines Tages kam ein kleiner Bischof und setzte sich mitten unter sie. Er feierte mit ihnen und er war ihnen willkommen.

Freitag, 11. Mai 2012

Für Alle - Button zum Katholikentag 2012


  • für ein Verständnis, dass die Botschaft Jesu an alle Menschen gerichtet ist
  • für die volle Einbeziehung von Geschiedenen und Wiederverheirateten in die kirchliche Gemeinschaft
  • gegen Ausgrenzung auf Grund von Homosexualität
  • gegen jegliche Diskriminierung allein auf Basis des Geschlechts
  • gegen alle im Namen Jesu vorgenommenen kirchlichen Bestrafungen und "Exkommunizierungen"
Entwurf (1)
Hier wird besonders das "für Alle" bei der Kommunion, dem gemeinsamen Mahl im Gottesdienst betont.
Entwurf (2)
Die Symbolik der orange-farbenen Dreiecke ist nicht eindeutig: Kirchtüme (vielleicht etwas wind-gebeugt),  Flammen des Geistes Gottes, die "Segel" von Taizé als Hinweis auf die Gemeinschaft aller und gegen die Ausgrenzung.
Entwurf (3)
Die Betonung des Kreises soll das Symbol für die Menschheit/Gemeinschaft verstärken. Das Kreuz (symbolisch für Jesus) ist das Band, das alles umschließt.
Entwurf (4)